Mittwoch, 10. März 2010

Date 5

Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Bei diesem ersten Date war alles anders!

Es fing ganz harmlos an. Ich entdeckte ihn regelmäßig auf meiner Liste interessanter Nutzer und klickte mich ebenso regelmäßig auf sein Profil. Umgekehrt sah ich ihn ebenfalls stetig in meiner Besucherliste und eines Tages fragte ich schriftlich, ob er denn auf meinem Profil was Interessantes entdeckt hätte.

Dieselbe Frage kam kurze Zeit später zurück und ich erwiderte nur: "Nein, sonst hätte ich mich schon bei dir gemeldet". Damit fing alles an. Er war unglaublich frech, teilweise ziemlich anmaßend, doch immer bis kurz vor die Grenze des Erträglichen. Die Unterhaltungen waren mal länger, mal kürzer, doch nie kam eine zweideutige Floskel oder eine von mir erwartete Reaktion, wenn ich den Bogen mal wieder absichtlich überspannte. Alles blieb schön unverbindlich. Er ließ sich nie in die Karten schauen und so überlegte ich nicht lange, als er mir überraschend seine Handynummer schickte und ließ ihm per sms auch meine zukommen.

Es gab niemanden, der ihm das Wasser reichen konnte: Niemand, der so spannend und so undurchsichtig war wie er. So stellte ich sämtlichen restlichen Schriftverkehr ein oder ließ es einfach im Sande verlaufen. Ich konzentrierte mich nur auf: Ihn.

Ich fragte ihn, was genau er eigentlich suche und seine Antwort "Nichts, nur ein bissel Spaß." ärgerte mich maßlos. Ich konnte rein gar nix dagegen tun. Es ging mir einfach gegen den Strich. Weiterhin checkte ich regelmäßig sein Profil, ständig standen wir gegenseitig in den jeweiligen Besucherlisten. Rivalinnen beäugte ich misstrauisch und ließ mich sogar dazu hinreißen, öffentliche Sympathiebekundungen zu erteilen, um die Konkurrenz auszuschalten. Ich wollte ihn treffen! Wollte wissen, wie er wirklich war oder ob die Realität weit entfernt von dem war, was ich mir bis dahin rosarot ausgemalt hatte. Doch von einem Treffen war keineswegs die Rede.

Das Schreiben/Telefonieren reichte mir längst nicht mehr und da er sich so bedeckt hielt, weckte das noch mehr mein Interesse, meine Neugierde, gab mir den Ansporn, immer neue Mittel und Wege zu suchen, um ein reales Kennenlernen möglich zu machen. Ich hatte so etwas schon mal erlebt, dass der virtuelle Funke übersprang und sich dann tatsächlich und leibhaftig noch viel besser und viel intensiver, viel schöner und viel aufregender anfühlte. (Das ist allerdings eine andere Geschichte, die ich eventuell hier auch noch veröffentliche).

Eines Tages, fast einen Monat später!, war es dann endlich soweit. Ich hatte frei an diesem Tag und kurz vor Mittag erhielt ich die rätselhafte Nachricht, dass er in Kürze einen Fliesenmarkt in meiner Stadt aufsuchen würde. Es dauerte einige Zeit, doch dann verstand ich den Wink mit dem Zaunpfahl und wir verabredeten uns für dort. Wow, war ich aufgeregt. Also so richtig und völlig kopflos. Nun würde der Moment der Wahrheit kommen. Nun würde ich erfahren, ob mich mein diesbezügliches Gefühl nicht getäuscht hatte. Und nun würde ich endlich erfahren, wie er wirklich war!!

Der Fliesenmarkt. Ich kam dort an. Meine Knien waren weich, mein Herz klopfte bis zum Hals und mein Bauch fühlte sich an, als würde er gleich explodieren. Es war fast wie in einem furchtbar kitschigen Film. Ich sah ihn nirgends. Sollte das alles ein Witz sein? Ich war fassungslos. Der Fliesenmarkt war relativ klein und übersichtlich. Kein Kunde weit und breit. Also wenig Möglichkeiten, sich zu verfehlen oder dummerweise den Falschen anzusprechen. Ich schrieb ihm eine sms. Kurz darauf telefonierten wir. Und dann kam er mir mit dem Handy am Ohr entgegen.

Habe ich überhaupt ein Wort rausgekriegt? War ich rot wie eine Tomate? Habe ich in einem Anflug vorpubertärer Gefühlsduselei gar wie ein Wasserfall gequatscht? Und zwar nur dummes Zeug? - Unwichtig. Völlig nebensächlich. Endlich stand er vor mir. Endlich lernte ich ihn kennen.

Wir gingen zu einem nahe gelegenen Bäcker und ich hatte nun die Gewissheit: Ja, das fühlt sich gut an! So muss es sein beim ersten Date! Ich war hin und weg. Neben mir hätte jemand ein Kind zur Welt bringen können, ich hätte es nicht bemerkt. Meine volle Aufmerksamkeit galt nur ihm.

Ich wusste, es blieb nicht viel Zeit. Und ich wünschte, ich hätte die Uhr einfach zum Stillstand bringen können. Ich wollte jede Sekunde in vollen Zügen genießen, doch immer schlummerte im Hinterkopf der Gedanke: gleich ist er wieder weg. Was für ein Gefühlschaos!

Ich hätte ihn gern gebeten zu bleiben. Am besten für immer. Alles in mir sträubte sich, doch war ich diejenige, die darauf hinwies, dass wir uns langsam verabschieden sollten. Er musste ja zurück zur Arbeit und die zwei, drei Stunden Kaffee trinken vergingen wie im Fluge.

An meinem Auto angelangt, verzögerten wir den Abschied durch eine relativ banale Unterhaltung über mein Fahrzeug. Er gab mir einen Kuss: auf die Stirn! Ich war empört (falsche Stelle!) und hingerissen zugleich. Mit dem dämlichsten Grinsen, was man sich vorstellen kann, stieg ich dann ins Auto und fuhr los.

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