Sonntag, 31. Januar 2010

Droge Internet/2

Was verpasst man eigentlich, wenn man nicht gleich und sofort, nach dem man die Wohnungstür hinter sich schließt, den Computer anschaltet, um zu kucken...? Ja, was denn eigentlich? Um zu sehen, wer wo online ist? Emails zu lesen und möglichst sofort zu beantworten, zu schauen, ob in den angemeldeten Foren neue Einträge hinzu gekommen sind, um diese möglichst sofort zu kommentieren? Ist es nicht unheimlich beruhigend zu wissen, dass es anderen Leuten ganz genauso ergeht und verschafft es einem nicht ein leichteres Gefühl; denn soooo schlimm kann die eigene Sucht ja nicht sein. Andere sind ja schließlich viel länger und viel öfter online als man selbst.

Aber ganz ehrlich: Das ist doch oftmals vertane Zeit! Zeit, die man mit realen Hobbies verbringen sollte. Offline, ohne Netz. Vielleicht mal endlich die neue Fremdsprache lernen, mit Freunden treffen und das Brettspiel herausholen, welches schon im Schrank einstaubt, einen Waldspaziergang unternehmen und dabei feststellen, dass man längst nicht mehr alle Gewächse namentlich benennen kann, basteln, lesen, Fahrrad reparieren, um gleich darauf eine Tour über Stock und Stein zu unternehmen, picknicken, ins Museum oder Theater oder Kino gehen, ein Buch lesen, einen Stadtführer der eigenen Stadt zur Hand nehmen und diese mit den Augen eines Touristen erkunden, endlich Gitarre spielen lernen oder stricken. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, die Möglichkeiten finden ihre Beschränkung nur und ausschließlich am eigenen Budget.

Halb so wild, wenn man den Computer mal nicht anschaltet, das Telefon unbeachtet lässt und nicht stets und ständig erreichbar ist.

Freitag, 29. Januar 2010

Droge Internet/1

Internet ist Segen. Du kannst bequem deine Bankgeschäfte erledigen, einkaufen, recherchieren - und das zu (fast) allen Wissensgebieten. Du kannst Zeitung lesen, Filme schauen, Podcasts hoch- und Musik runterladen, die aktuellen Wetter-/Lotto-/Fussballdaten abrufen, mit Freunden in Kontakt bleiben (und das auf vielfältige Art und Weise) und.... nicht zu vergessen: neue Leute kennen lernen. Achja. Kinderleicht. Du meldest dich einfach auf einer einschlägigen Seite an und schon gehts los: Profil erstellen, Bild hochladen, mehr Bilder hochladen - es soll doch schließlich jeder wissen, mit wem er es zu tun kriegen könnte - Fragebogen ausfüllen - klar, tricks ein bissel, macht doch jeder  - und siehe da; du musst gar nicht lange warten, die ersten Besucher werden dein Online-Profil begutachten, dir eventuell einen Gruß oder besser noch eine meist kurze, standardisierte Nachricht hinterlassen und schon steckst du mittendrin. Wo denn eigentlich? - Dazu später mehr.

Weiter gehts: Du schaust dich ein bissel um, suchst und findest (garantiert!) alte Bekannte wieder. Leute, mit denen du vielleicht nie wirklich etwas am Hut hattest, die nun aber wichtig genug sind, einen Platz in deiner noch übersichtlichen Freundeliste zu finden. So, vielleicht noch auf der Suche nach einem neuen Partner? - Oje, das kann eigentlich nicht gut gehen. Erstens, die Auswahl erscheint riesig, das Angebot potenzieller Kandidaten schier unüberschaubar. Und fast unglaublich: täglich werden es mehr, die auf der Suche nach dem großen Glück Profil für Profil abgrasen, suchen und suchen und doch nicht finden. 

Du lernst mehr Leute kennen, einige sogar ein bissel intensiver, schreibst hier und da, kennst bald die Gewohnheiten der Anderen, weißt wann sie online sind und fragst dich, was sie gerade tun, weil der Status sich für längere Zeit nicht verändert.

Ja aber Moment mal! Soll das so sein? Sind das nicht schon erste Anzeichen von Sucht? Und: wird dieses Suchtverhalten nicht noch angetrieben, weil es Punkte- und Rangsysteme gibt, die dich insgeheim antreiben, mehr Punkte oder einen höheren Rang zu erreichen, ganz so wie bei einem Spiel, bei dem du unbedingt das nächste Level erreichen willst und dafür in Kauf nimmst, die Nacht zum Tage zu machen, denn es fehlt ja nicht mehr sooooooo viel?