Mittwoch, 10. März 2010

Date 1

Ihn hatte ich auf einer Internetplattform kennen gelernt. Wir hatten zuvor viel geschrieben, immer wieder stundenlang telefoniert, teilweise bis tief in die Nacht hinein. Er erschien mir witzig, selbstbewusst, ein bissel frech. Also eine gute Mischung, um mich zumindest neugierig zu machen.


Wir trafen uns dann am Alex an der Weltzeituhr. Es war superkalt und ziemlich ungemütlich. Er wartete bereits auf mich und beim Näherkommen war mein erster Gedanke: Oh nein! Ganz anders als auf den Bildern, am Telefon, beim Schreiben! Mit dem nervösen Rumgezappel hätte ich ja noch leben können, die Aufgeregtheit vor einem ersten Date kann nicht jeder gleich gut verbergen. Wir gingen dann erstmal einen Kaffee trinken. Im Café piekste er dann schon nervtötend an mir herum und hatte auf jede meiner Fragen ein "Sag ich dir nicht" parat. Wie anstrengend!


Leider hatte ich schon gleich zu Beginn unseres Treffens gesagt, dass ich spätestens um elf mit dem letzten Zug zurück fahren wollte. Also zog sich das Date dann auch so lange hin. Das Café hatten wir inzwischen verlassen und mir war saukalt, weil wir ständig im Kreis liefen. Mitten in der Nacht und mitten in Berlin. Im dem Moment hätte ich mich überall hingewünscht, nur weg von dort. Meine Stimmung hatte einen absoluten Tiefpunkt erreicht, jeden Annäherungsversuch seinerseits wehrte ich ab und nun hatte ich auch überhaupt keine Lust mehr, irgendeine Art von Gespräch aufrecht zu erhalten, denn der Inhalt seiner Aussagen war nichtssagend, ausweichend und so spannend wie ein eine Tätigkeitsbeschreibung über das Pasteurisieren von Milch.


Irgendwann näherten wir uns dem Bahnhof. Endlich. Dort zog er ein Gesicht, bei dem ich leider nicht umhin kam zu fragen, was denn los sei. Als Antwort kam zunächst das übliche Rumgedruckse und irgendwann, als mir tatsächlich schon fast der Kragen platzte, ganz trocken: "Ich bin genervt, weil ich dachte, dass ich heute mit zu dir nach Hause fahre." Häh? Hallo? Gehts noch? Ich wusste nicht, ob ich über diese Absurdität lachen oder mich nun echt beleidigt umdrehen und einfach gehen sollte. Meine bis dahin gesammelte Erfahrung hatte mich gelehrt, bereits vorher klar zu stellen, dass ich nicht auf ein Abenteuer aus bin. Umso empörter war ich dann natürlich auch.


Zum Glück kam dann bald mein Zug. Ich stieg ein und drehte mich nicht mehr um.

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